Seit dem Frühjahr 2004 gibt es am Gymnasium Petrinum einen Schüleraustausch mit unserem Nachbarland Polen. War es zunächst ein Austausch mit einer Schule in Torun/ Nordpolen, so ist es seit 2009 das Lyzeum Ogolnoksztalcace in Chrzanow/ Südpolen. Die neue Schule musste gefunden werden, da sich in Torun nicht mehr genug Deutschlehrer fanden, die den Austausch durchführen wollten.
Bei der Partnerschule in Chrzanow handelt es sich um eine Oberstufenschule, die von Schülerinnen und Schülern der letzten drei Jahrgangsstufen des polnischen Schulsystems besucht wird. Die Schule wurde 1911 – also noch während der Zugehörigkeit Chrzanows zu Österreich–Ungarn - gegründet. Sie zeichnet sich heute – entsprechend ihrer Tradition – dadurch aus, dass in allen drei Jahrgangsstufen auch die Sprache Deutsch angewählt werden kann, eine Möglichkeit, die von vielen Schülerinnen und Schülern wahrgenommen wird. Die Sprache Englisch ist ein Pflichtfach für alle. Der Austausch hat sich inzwischen zu einer festen Einrichtung entwickelt.
Die Institution Schule muss in besonderer Weise vor allem der immer rasanter fortschreitenden Entwicklung im eigenen Land und in Europa gerecht werden. Die „interkulturelle Handlungsfähigkeit“ junger Menschen ist Teil eines Bildungsbegriffs geworden, der Verantwortungsbewusstsein einschließt, das über die Grenzen unseres Landes hinausgeht. Das Petrinum unterstützt seine Schülerinnen und Schüler dabei, diese Handlungskompetenz zu erlangen. Der Zugang zu anderen Ländern, Kulturen und Sprachen ist diesbezüglich unabdingbar.
Schwerpunkt der deutsch-polnischen Schulpartnerschaft ist vor allen Dingen die persönliche Begegnung von jungen Polen und Deutschen, denen dadurch die Gschichte, Kultur, Politik und Gesellschaft des jeweiligen anderen Landes näher gebracht werden sollen. Der Austausch leistet also einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung, indem unter anderem Berührungsängste und Vorurteile zwischen den jungen Menschen beider Länder abgebaut werden.
Gerade der deutsch-polnische Schüleraustausch versteht sich als ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des – historisch bedingt – nicht immer einfachen Verhältnisses zwischen Deutschen und Polen in einem wachsenden Europa, die vor allem durch persönlichen Kontakt, auf direktem, unbürokratischem und schnellem Weg verbessert und gefestigt werden kann. Dazu trägt bei, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Austauschs in Gastfamilien untergebracht werden. Die Kommunikation sowohl über allgemeine als auch persönliche Fragen wird so gefördert.
Jede Schülerin, jeder Schüler unserer Schule, die/ der in Polen bei einer Gastfamilie Aufnahme findet, verpflichtet sich dazu, auch in der eigenen Familie eine polnische Gastschülerin/ einen polnischen Gastschüler aufzunehmen.
Während des Aufenthalts der polnischen Gruppe in Brilon lernen diese Schülerinnen und Schüler Brilon, weitere Städte, Sehenswürdigkeiten und Einrichtungen der näheren und weiteren Umgebung (z.B. das historische Obermarsberg, Paderborn, Münster…, das Westfälische Freilichtmuseum Detmold, die Begegnungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933-1945), schließlich Landschaften Nordrhein-Westfalens kennen. Aber auch sportliche und gesellige Unternehmungen (z.B. eine gemeinsame Wanderung, ein Abschiedsabend mit den deutschen Gasteltern…) finden statt. Die Teilnahme am Unterricht des Petrinums und ein Empfang im Briloner Rathaus durch den Bürgermeister gehören zu den obligatorischen Gegebenheiten des Austauschs.
Während des Aufenthalts der deutschen Gruppe in Chrzanow findet ein analoges Programm statt, das z.B. die Entdeckung Chrzanows und seiner Umgebung, einen Besuch der ehemaligen polnischen Hauptstadt Krakau, eine Fahrt in die Hohe Tatra… beinhaltet. Einen aus unserer Sicht wichtigen Platz nimmt der Besuch der Gedenkstätte Auschwitz ein. Die Schülerinnen und Schüler sollen verstehen lernen, „warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung [an die Verbrechen der Zeit zwischen 1933 und 1945] wach zu halten…Wer …vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“ (aus: Richard von Weizsäcker, Zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ansprache am 8. Mai 1985 in der Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages.)
Zurzeit besteht noch die Möglichkeit, den Besuch dieses ehemaligen größten deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers durch polnische Überlebende, die in Chrzanow leben, in der polnischen Gastschule vorzubereiten.
Selbstverständlich gehören auch gemeinsame Veranstaltungen mit den polnischen Gastgebern, Begegnungen in der Schule und offizielle Treffen mit Politikern von Chrzanow zum Programm.